Zunächst einmal ist festzustellen: Die VO (EG) 261/2004, die sogenannte 'Europäische Fluggastrechteverordnung', gilt für alle Arten von Flügen, also ganz gleich ob man diese im Rahmen einer Nur-Flugbuchung als 'Billigflüge', als 'Linienflüge' oder im Rahmen einer Pauschalreise als 'Charterflüge' bezeichnet.
Der Pauschalreisende ist in der komfortablen Lage, daß er zwei Anspruchsgegner hat:
-seinen Reiseveranstalter und
-seine Airline.
Der Passagier kann also nach deutschem Reiserecht (in Deutschland §§ 651a ff. BGB) gegen seinen Reiseveranstalter vorgehen, denn eine Flugverspätung stellt einen Reisemangel dar, der den Kunden zu einer nachträglichen Preismindung berechtigt. Allerdings ist hierbei anzumerken, daß Gerichte hier erst ab der fünften Verspätungsstunde eine Preisminderung zubilligen - und zwar fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises pro Verpätungsstunde ab der fünften Stunde. Dies gilt für alles Flüge weltweit, die im Rahmen der Pauschalreise durchgeführt werden. Und es gilt auch, wenn der Reisemangel, also: die Flugverspätung, auf 'höherer Gewalt' beruht. Zu beachten ist, daß eine nachträgliche Reisepreisminderung wegen eines Reisemangels, zu dem auch die Flugverspätung gehört, innerhalb von zwei Jahren (bei Reisen bis 30.06.2018: innerhalb eines Monats) beim Reiseveranstalter geltend gemacht werden müssen (Ausschlußfrist).
Zum anderen kann der Pauschalreisende gegen das Luftfahrtunternehmen direkt vorgehen und zwar aufgrund der 'Europ. Fluggastrechtgeverordnung', wenn der Flug der VO (EG) 261/2004 unterliegt (siehe: Grundlagen / Anwendbarkeit). Und der Flug darf sich nicht aufgrund 'außergewöhnlicher Umstände' (im Volksmund: 'höherer Gewalt') verspätet haben. Die Verjährungsfrist richtet sich nach nationalem Verjährungsrecht und beträgt in Deutschland drei Jahre.
Allerdings: Der Fluggast darf nicht doppelt kassieren! Bei erheblichen Flugverspätungen steht dem Kunden laut
EU-Fluggastrechte-Verordnung ein Anspruch auf Entschädigung durch die
Airline zu. Auf der anderen Seite kann er nach deutschem Reiserecht eine
Minderung des Reisepreises beim Reiseveranstalter verlangen. Der BGH hatte Urteil (Aktenzeichen X ZR 126/13) entschieden, dass
nicht beides parallel möglich ist. Der BGH begründet seine Entscheidung, dass dieses Vorgehen
unzulässig ist, damit, dass beide Forderungen dieselbe Unannehmlichkeit
ausgleichen sollen – nämlich den verspäteten Flug. Für Schäden, die aus
der Flugverspätung resultieren, ist nach Ansicht der Richter die
Fluggastrechte-Verordnung einschlägig. Es könne nicht zweimal ein
Ausgleich für dieselbe Unannehmlichkeit verlangt werden.
Beachte: Der Anspruch
nach der 'EU-Fluggastrechte-Verordnung' ist direkt an das
Luftfahrtunternehmen zu richten. Hierzu auch: BGH v. 11.03.2008, Az.: X
ZR 49/07, veröffentlicht in RRa 2008, 175, besagt: VO (EG) Nr. 261/2004
gewährt Ansprüche ausschließlich gegen das ausführende
Luftfahrtunternehmen, nicht gegen den Reiseveranstalter.
Gem. der Verordnung EG (VO) 261/2004 muß der Reisende/Passagier/Fluggast über eine bestätigte Flugbuchung verfügen. Dazu zählt auch die Reisebestätigung des Reiseveranstalters, in welcher die Flüge aufgelistet sind. Die bestätigte Flugbuchung muß also nicht direkt von der Airline stammen. Siehe hierzu auch Urteil des LG Düsseldorf v. 27.04.2007, Az.: 22 S 435/06.
"Voraussichtlicher Abflug" oder "endgültige Flugzeit obliegt dem
Veranstalter": Solche Klauseln fanden und finden viele Verbraucher bislang in ihren
Unterlagen für Pauschalreisen. Der BGH hat diese Praxis aber für
unzulässig erklärt und stärkt damit die Rechte der Urlauber. Hierzu:
Urteil des X. Zivilsenats vom 10.12.2013 - X ZR 24/13 -.
Viele Pauschalreiseveranstalter nutzen komplette Charterflüge von Charterfluggesellschaften oder kaufen ganze Kontingente auf Linien- oder Billigflügen auf, um diese dann an ihre Kunden im Rahmen der Pauschalreisearrangements zu verkaufen. Später wird dann festgestellt, daß ein Flug nicht ausgelastet und damit unwirtschaftlich ist. Er wird dann gestrichen und mit einem anderen zusammengefaßt. Es kommt dann zu Annullierungen und oft auch zu damit einhergehenden Flugverspätungen. Die Airline schiebt dann die Schuld gerne auf den Reiseveranstalter und dieser auf die Airline. Für den Fluggast/Reisenden ist dann nicht erkennbar, wer diese Flugannullierung veranlaßt hat.
Dazu: Der Europäische Gerichtshof wird vom BGH um Beantwortung der Fragen gebeten, ob in der
Umbuchung auf einen anderen Flug eine Beförderungsverweigerung im Sinne
von Artikel 4 Abs. 3 der Verordnung liegen kann (und diese damit
überhaupt eine Grundlage für den Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach
Art. 7 der Verordnung bildet). Falls dies zu bejahen ist, soll er weiter
die Frage beantworten, ob dies auch für eine Umbuchung gilt, die nicht
auf Veranlassung des Luftfahrtunternehmens, sondern allein durch den
Reiseveranstalter veranlasst worden ist. Der BGH war folgender Auffassung: "Andererseits wird der Pauschalfluggast bei einer Verlegung (Umbuchung)
vielfach nicht überprüfen können, wer die Änderung tatsächlich
veranlasst hat, zumal wenn ihm dies nicht offengelegt wird, sondern er
nur die Mitteilung erhält, dass eine Verlegung stattfinden soll. Dies
könnte dafür sprechen, Verlegungen durch Dritte wie das Reiseunternehmen
nicht anders zu behandeln als Verlegungen durch das
Luftfahrtunternehmen. Zudem könnte die Beschränkung der Haftung
auf Handlungen des Luftfahrtunternehmens dazu führen, dass die
Verantwortung gegenüber dem Fluggast dem nicht haftenden Partner
zugeschoben wird. Es erscheint daher denkbar, dass die Verordnung den
Reisenden vor solchen Unsicherheiten bewahren und auch für diese Fälle
einen einfachen Zugriff auf das Lufttransportunternehmen ermöglichen
soll, mit dem der Reisende anlässlich seiner Beförderung
ohnehin Kontakt aufnehmen muss. Ein solches Ergebnis entspräche auch
einer in der deutschen reiserechtlichen Literatur vertretenen Meinung,
nach der es Sinn und Zweck der Verordnung gebieten, die Verlegung
(Umbuchung) als Nichtbeförderung anzusehen, da sonst das
Luftfahrtunternehmen oder der Reiseveranstalter die Rechtsfolgen der
Verordnung durch Verlegung auf spätere oder fremde Flugkapazitäten
umgehen könnte (Führich, ReiseR, 5. Aufl. [2005], Rdnr. 1019; Lienhard,
GPR 2004, 258 [261f.])". Der EuGH hat die ihm vorgelegte Angelegenheit ohne Entscheidung
gestrichen (Rechtssache C-525/08), wobei das Verfahren durch den BGH
daraufhin ohne Entscheidung erledigt wurde.
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