Montag, 10. August 2015

Fluggastrecht bei Pauschalreisen

Zunächst einmal ist festzustellen: Die VO (EG) 261/2004, die sogenannte 'Europäische Fluggastrechteverordnung', gilt für alle Arten von Flügen, also ganz gleich ob man diese im Rahmen einer Nur-Flugbuchung als 'Billigflüge', als 'Linienflüge' oder im Rahmen einer Pauschalreise als 'Charterflüge' bezeichnet.

Der Pauschalreisende ist in der komfortablen Lage, daß er zwei Anspruchsgegner hat:
-seinen Reiseveranstalter und
-seine Airline.

Der Passagier kann also nach deutschem Reiserecht (in Deutschland §§ 651a ff. BGB) gegen seinen Reiseveranstalter vorgehen, denn eine Flugverspätung stellt einen Reisemangel dar, der den Kunden zu einer nachträglichen Preismindung berechtigt. Allerdings ist hierbei anzumerken, daß Gerichte hier erst ab der fünften Verspätungsstunde eine Preisminderung zubilligen - und zwar fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises pro Verpätungsstunde ab der fünften Stunde. Dies gilt für alles Flüge weltweit, die im Rahmen der Pauschalreise durchgeführt werden. Und es gilt auch, wenn der Reisemangel, also: die Flugverspätung, auf 'höherer Gewalt' beruht. Zu beachten ist, daß eine nachträgliche Reisepreisminderung wegen eines Reisemangels, zu dem auch die Flugverspätung gehört, innerhalb von zwei Jahren (bei Reisen bis 30.06.2018: innerhalb eines Monats) beim Reiseveranstalter geltend gemacht werden müssen (Ausschlußfrist).

Zum anderen kann der Pauschalreisende gegen das Luftfahrtunternehmen direkt vorgehen und zwar aufgrund der 'Europ. Fluggastrechtgeverordnung', wenn der Flug der VO (EG) 261/2004 unterliegt (siehe: Grundlagen / Anwendbarkeit). Und der Flug darf sich nicht aufgrund 'außergewöhnlicher Umstände' (im Volksmund: 'höherer Gewalt') verspätet haben. Die Verjährungsfrist richtet sich nach nationalem Verjährungsrecht und beträgt in Deutschland drei Jahre.

Allerdings: Der Fluggast darf nicht doppelt kassieren! Bei erheblichen Flugverspätungen steht dem Kunden laut EU-Fluggastrechte-Verordnung ein Anspruch auf Entschädigung durch die Airline zu. Auf der anderen Seite kann er nach deutschem Reiserecht eine Minderung des Reisepreises beim Reiseveranstalter verlangen. Der BGH hatte Urteil (Aktenzeichen X ZR 126/13) entschieden, dass nicht beides parallel möglich ist. Der BGH begründet seine Entscheidung, dass dieses Vorgehen unzulässig ist, damit, dass beide Forderungen dieselbe Unannehmlichkeit ausgleichen sollen – nämlich den verspäteten Flug. Für Schäden, die aus der Flugverspätung resultieren, ist nach Ansicht der Richter die Fluggastrechte-Verordnung einschlägig. Es könne nicht zweimal ein Ausgleich für dieselbe Unannehmlichkeit verlangt werden.
Beachte: Der Anspruch nach der 'EU-Fluggastrechte-Verordnung' ist direkt an das Luftfahrtunternehmen zu richten. Hierzu auch: BGH v. 11.03.2008, Az.: X ZR 49/07, veröffentlicht in RRa 2008, 175, besagt: VO (EG) Nr. 261/2004 gewährt Ansprüche ausschließlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen, nicht gegen den Reiseveranstalter.

Gem. der Verordnung EG (VO) 261/2004 muß der Reisende/Passagier/Fluggast über eine bestätigte Flugbuchung verfügen. Dazu zählt auch die Reisebestätigung des Reiseveranstalters, in welcher die Flüge aufgelistet sind. Die bestätigte Flugbuchung muß also nicht direkt von der Airline stammen. Siehe hierzu auch Urteil des LG Düsseldorf v. 27.04.2007, Az.: 22 S 435/06.

"Voraussichtlicher Abflug" oder "endgültige Flugzeit obliegt dem Veranstalter": Solche Klauseln fanden und finden viele Verbraucher bislang in ihren Unterlagen für Pauschalreisen. Der BGH hat diese Praxis aber für unzulässig erklärt und stärkt damit die Rechte der Urlauber. Hierzu: Urteil des X. Zivilsenats vom 10.12.2013 - X ZR 24/13 -.


Viele Pauschalreiseveranstalter nutzen komplette Charterflüge von Charterfluggesellschaften oder kaufen ganze Kontingente auf Linien- oder Billigflügen auf, um diese dann an ihre Kunden im Rahmen der Pauschalreisearrangements zu verkaufen. Später wird dann festgestellt, daß ein Flug nicht ausgelastet und damit unwirtschaftlich ist. Er wird dann gestrichen und mit einem anderen zusammengefaßt. Es kommt dann zu Annullierungen und oft auch zu damit einhergehenden Flugverspätungen. Die Airline schiebt dann die Schuld gerne auf den Reiseveranstalter und dieser auf die Airline. Für den Fluggast/Reisenden ist dann nicht erkennbar, wer diese Flugannullierung veranlaßt hat.
Dazu: Der Europäische Gerichtshof wird vom BGH um Beantwortung der Fragen gebeten, ob in der Umbuchung auf einen anderen Flug eine Beförderungsverweigerung im Sinne von Artikel 4 Abs. 3 der Verordnung liegen kann (und diese damit überhaupt eine Grundlage für den Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Verordnung bildet). Falls dies zu bejahen ist, soll er weiter die Frage beantworten, ob dies auch für eine Umbuchung gilt, die nicht auf Veranlassung des Luftfahrtunternehmens, sondern allein durch den Reiseveranstalter veranlasst worden ist. Der BGH war folgender Auffassung: "Andererseits wird der Pauschalfluggast bei einer Verlegung (Umbuchung) vielfach nicht überprüfen können, wer die Änderung tatsächlich veranlasst hat, zumal wenn ihm dies nicht offengelegt wird, sondern er nur die Mitteilung erhält, dass eine Verlegung stattfinden soll. Dies könnte dafür sprechen, Verlegungen durch Dritte wie das Reiseunternehmen nicht anders zu behandeln als Verlegungen durch das Luftfahrtunternehmen. Zudem könnte die Beschränkung der Haftung auf Handlungen des Luftfahrtunternehmens dazu führen, dass die Verantwortung gegenüber dem Fluggast dem nicht haftenden Partner zugeschoben wird. Es erscheint daher denkbar, dass die Verordnung den Reisenden vor solchen Unsicherheiten bewahren und auch für diese Fälle einen einfachen Zugriff auf das Lufttransportunternehmen ermöglichen soll, mit dem der Reisende anlässlich seiner Beförderung ohnehin Kontakt aufnehmen muss. Ein solches Ergebnis entspräche auch einer in der deutschen reiserechtlichen Literatur vertretenen Meinung, nach der es Sinn und Zweck der Verordnung gebieten, die Verlegung (Umbuchung) als Nichtbeförderung anzusehen, da sonst das Luftfahrtunternehmen oder der Reiseveranstalter die Rechtsfolgen der Verordnung durch Verlegung auf spätere oder fremde Flugkapazitäten umgehen könnte (Führich, ReiseR, 5. Aufl. [2005], Rdnr. 1019; Lienhard, GPR 2004, 258 [261f.])". Der EuGH hat die ihm vorgelegte Angelegenheit ohne Entscheidung gestrichen (Rechtssache C-525/08), wobei das Verfahren durch den BGH daraufhin ohne Entscheidung erledigt wurde.

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